Dienstag, 2. Juni 2009

Wiedergesehen: Echoes

Ich hatte "A Stir of Echoes" (der deutsche Titel "Echoes" mit dem Anhängsel "Stimmen aus der Zwischenwelt" ist mal wieder ein Grund, dem deutschen Verleiher gegen die Schienbeine zu treten) zum ersten mal 2000 auf Premiere gesehen und war beeindruckt. Mehrfach war er mir dann als DVD wieder begegnet, hatte aber jedes mal gegenüber Filmen, die ich noch nicht kannte, den Kürzeren gezogen. Bei der letzten Ausstrahlung auf Kabel Eins habe ich ihn dann erwischt, und gestern war das Fernsehprogramm wieder schlecht genug, um einmal nachzuschauen, was sich auf der Festplatte so angesammelt hat.
Filme aus dem fantastischen Bereich erneut zu sehen, kann deprimierend sein. Weil das Überraschungsmoment fehlt, treten Plotholes umso deutlicher zutage. Ein ideales Schulungsobjekt stellt in der Hinsicht "SAW" dar... beim ersten Sehen ist man total gefesselt. Beim zweiten Sehen bleibt man hingegen permanent in Logiklöchern hängen, und anstatt dem Film zu folgen, überlegt man sich nur noch, welche Foltermethoden man dem Autor angedeihen lassen möchte.
Nicht so bei "Echoes".

Inhalt: Der Telefontechniker Tom Witzky lebt mit seiner Frau und seinem Sohn ein recht bescheidenes, aber glückliches Leben. Zwar trauert Tom den verpassten Chancen in seinem Leben nach - er träumt im Geheimen immer noch von einer Karriere als Musiker - trotzdem ist er bereit, für seine Familie jedes Opfer zu bringen. Seine esoterisch angehauchte Schwägerin hält ihn für beschränkt und selbstgefällig, weshalb sie ihm bei einer spaßig gemeinten Hypnose-Sitzung auf einer Party die Losung ausgibt, sich für alles zu öffnen. Doch noch während der Sitzung zeigen sich ihm schreckliche Bilder, die ihn nicht mehr loslassen. Und als ihm später in seinem Wohnzimmer der Geist eines jungen Mädchens erscheint und er erfährt, dass sich sein kleiner Sohn in schöner Regelmäßigkeit mit diesem unterhält, bricht seine Welt donnernd in sich zusammen. Er weiß, dass er erst dann Ruhe haben wird, wenn er das Geheimnis des Geistes lüftet.

Das klingt so verknappt erst einmal wie die typische Geisterplotte aus Schublade F. Doch was David Koepp (basierend auf der Vorlage von Richard "I am legend" Matheson) daraus macht, das hat einfach Klasse. Denn diese auf den ersten Blick simple Schauergeschichte wird dadurch aufgeladen, dass sich der der Fokus immer mehr auf die Ehefrau Maggie verschiebt, je weiter Tom sich in seinen Visionen verliert. Sie sieht sich zunehmend in ihrer Familie in eine Außenseiterrolle gedrängt, da im Gegensatz zu ihr sowohl Vater als auch Sohn über die gleichen unheimlichen Gaben verfügen. So steckt der Horror manchmal mehr in einzelnen Dialogsätzen als in der eigentlichen Geschichte. Ich fände es als Mutter sicher nicht sehr angenehm, wenn mein Sohn sich weigerte, weiter mit dem Vater über den Geist zu reden, weil er befürchtet, damit seine Mutter zu verängstigen. Oder die Erkenntnis, dass Maggie und Tom in der Beurteilung ihrer Lebenssituation alles andere als einer Meinung sind. Immer stärker steht Maggie alleine auf weiter Flur. Sie hat keine Ahnung, was eigentlich vor sich geht, dennoch fällt ausgerechnet ihr die Rolle zu, die Familie zusammen zu halten. Horror.
Und ebenso Tom. Er hat sich sein Leben ganz anders erträumt und muss nun deprimiert feststellen, dass es "so gewöhnlich" geworden ist. Nix Rockstar - Telefonkabel flicken! Horror.
Da ist alles drin: Entfremdung, Coming of age, Beziehungsdrama.

Es ist diese Verankerung der Geschichte in einem psychologisch korrekten und alltäglichen Setting, die den den folgenden Horror so nachvollziehbarer und erschreckend macht.

Und dann sind da noch diese kleinen, wunderschönen dramaturgischen Kabinettstückchen, die sich Koepp erlaubt. Ich will hier nicht zu viel verraten, aber wenn mir das nächstes mal ein Schuh unter dem Sofa abhanden kommt, wird es mir eiskalt den Rücken runter rieseln! Und: nein, das ist jetzt keine Buhuhu-Szene à la "Sie öffnet die Schublade und die unheimliche Frau mit den langen schwarzen Haaren schaut sie daraus an".

Die Inszenierung (ebefalls Koepp) ist wunderbar zurückhaltend. Spezialeffekte finden sich nur selten und dann recht reduziert, trotzdem (oder gerade deswegen) sind sie hochwirksam.

Wie immer macht es Spaß, Kevin Bacon zuzusehen. Kathryn Erbe (mir bis dato eigentlich nur aus "Criminal Intent" ein Begriff) als Maggie ist einfach wunderbar in ihrer Verzweiflung und Zerrissenheit. Und sogar das Kind, ansonsten ewiger Schwachpunkt solcher Geschichten, überzeugt.

Einziger Wermutstropfen ist die Photografie. Der Look des Films gemahnt mehr als einmal an das Kleine Fernsehspiel im ZDF. Sehr nüchtern, sehr abbildend, sehr gedeckt, sehr erdig. Lediglich in der Hypnoseszene (die im Übrigen am Ende extra über einen Soundeffekt verfügt, um eventuell hypnotisierte Zuschauer wieder aufzuwecken) löst sich die Kamera mal von ihren irdischen Fesseln und zeigt, was nicht zu sehen ist.

Doch angesichts seiner wirklich überzeugenden und spannenden Geschichte sieht man darüber gerne hinweg. Umso trauriger stimmt es einen zu sehen, dass Koepp sein Talent als Autor heute mit solch unnötigem Quark wie "Illuminati" oder dem letzten Indiana Jones-Film vergeudet. Sicherlich profitabler als "Echoes"... aber auch nur halb so interessant.

P.S.: Beim Spielchen "Spot the Star" hatte mein Mann mal wieder die Nase vorne. Der erkannte in dem Geist sofort Cameron aus "House M.D.". Mir kann man ja im Allgemeinen jede junge Schauspielerin der letzten 30 Jahre unter die Nase halten und ich hab keine Ahnung, wer das ist.

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